Rede zur Einbringung des Haushaltes 2022


Die Einbringung des Haushalts 2021 hatte ich damit begonnen, auf die schwierige Situation aufgrund der Corona-Pandemie hinzuweisen. Nun hat sich alles deutlich verschlechtert, die allgemeine Impflicht lässt sich nicht mehr vermeiden, weil ungläubige Menschen ohne Sinn und Verstand sich der Gefahr aussetzen, bei einer Infektion auch sterben zu können. Ebenso stellen Sie aber auch eine Gefahr für andere dar, sind sich dessen aber nicht bewusst und nehmen das Risiko ohne Not in Kauf.

Besonders in Kindertagesstätten oder Schulen werden die Rufe lauter, Luftreinigungsgeräte für viel Geld zu installieren. Wenn sich alle Eltern ihrer Verantwortung gegenüber ihren eigenen Kindern bewusst wären, wären sie bereits alle geimpft. Das Risiko einer Infektion in der Kita bzw. in der Familie wäre deutlich reduziert. Warum sollen die Geimpften die Konsequenzen derer tragen, die sich und andere mutwillig in Gefahr begeben? Warum soll die Kommune Lolli-Tests ausgeben, die den allgemeinen Steuerzahler in Linsengericht bis Ende März 2022 anteilig rd. 25.000 Euro kosten würde? Das könnte doch auch bedeuten, nur noch Kinder von geimpften oder genesenen Eltern den Zugang in eine Einrichtung zu gewähren?

Mit den Inhalten des Haushalts 2022 haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung und der Gemeindevorstand versucht, die besten Lösungen unter den momentan geltenden Richtlinien und gesetzlichen Vorgaben und Möglichkeiten umzusetzen.

Die derzeit bekannten Orientierungsdaten für die Finanzplanung der Jahre 2022 bis 2025 setzen eine positive Einnahmeentwicklung voraus, obwohl die Corona-Pandemie und der 2. Lockdown die deutsche Wirtschaft bis zum 1. Halbjahr 2021 deutlich belastet haben. Ferner wird prognostiziert, dass der wirtschaftliche Aufholprozess anhalten und auch mittelfristig mit einem stabilen Wirtschaftswachstum gerechnet wird.

Dass wir im kommenden Jahr keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, ist allen hier im Hause hoffentlich bewusst. Der Haushaltsausgleich gibt als Soll-Vorschrift für den Regelfall den Haushaltsausgleich in Planung und Rechnung vor (§92 Abs. 4 HGO).

Das lässt es aber zu, in Ausnahmefällen auch unausgeglichene Haushalte zu beschließen und aufsichtsbehördlich zu genehmigen. Ein jahresbezogener Haushalt gilt noch als ausgeglichen, wenn er unter Verwendung von Rücklagen ausgeglichen werden kann. Das erspart auch das Haushaltssicherungskonzept. Somit ist klar und mit dem Finanzplanungserlass 2022 konform, dass die Fehlbeträge der Jahre 2020 bis 2022 wahlweise unter Inanspruchnahme von Rücklagen aus Überschüssen des ordentlichen oder des außerordentlichen Ergebnisses ausgeglichen werden.

In allen Fällen, in denen der Haushaltsausgleich gem. § 97 HGO im Ergebnis- und/oder Finanzhaushalt auch unter Einbeziehung von Rücklagen nicht erreicht wird, bedürfen die Haushaltsgenehmigungen weiter des Einvernehmens der nächsthöheren Aufsichtsbehörde.

Ein Haushaltssicherungskonzept ist unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht erforderlich.

Die Absicht dieses Haushalts ist, trotz Unausgeglichenheit im kommenden Jahr, Steuern und Gebühren stabil zu halten. Allein durch die derzeit vorhandenen außerordentlichen Rücklagen kann der Haushalt 2022 ausgeglichen werden und den Bürgerinnen und Bürgern damit eine zusätzliche finanzielle Belastung erspart bleiben.

Es besteht Optimismus, dass sich die Wirtschaft weltweit relativ schnell erholt, was in Konsequenz auch positive Auswirkungen für Linsengericht hat. Wobei auch in Pandemiezeiten die Einnahmeseite trotzdem relativ konstant geblieben ist.

Der Ergebnishaushalt ist im ordentlichen Ergebnis bei den Erträgen auf rekordverdächtige 23,42Millionen Euro, in den Aufwendungen auf stolze 28,998 Millionen Euro festgestellt.

Dieser Entwurf 2022 schließt mit einem Defizit in Höhe von 5,78 Millionen Euro ab.

Die allgemeinen Rücklagen betragen zum 31.12.2020 im ordentlichen Haushalt 4,745 Millionen Euro und im außerordentlichen Haushalt rd. 5,537 Mio. Euro, der Gebührenhaushalt Abwasser ist ausgeglichen und bedarf für das Jahr 2023 einer Anpassung. Im Abfallbereich wird sich durch die Erhöhung der Abfuhrkosten die Rücklage auflösen und ein Defizit ausgewiesen. Die europaweite Ausschreibung hat zu einer Verdoppelung der Kosten bei der Sammlung geführt.

Die kalkulierten Auszahlungen im Finanzhaushalt betragen ebenfalls rekordverdächtige 16,849 Millionen Euro, die auch durch Verschiebungen aus dem letzten Haushaltsjahr entstanden sind. Unsere großen Bauvorhaben sind der Kindergarten in Altenhaßlau mit insgesamt rd. 6 Millionen Euro und das Feuerwehrhaus in Eidengesäß mit rd. 4,5 Millionen Euro. Die Planungen wurden nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse angepasst.

Der Ergebnishaushalt beinhaltet lediglich Bedarfe und keine Wünsche. Substanzerhaltung und Veränderungen in den Kindergärten weichen von den üblichen Ansätzen ab. Im personellen Bereich werden zukünftig deutlich höhere Personalkosten erforderlich. Das Gute Kita-Gesetz sorgt dafür, dass zum Betrieb zusätzlich 10 Mitarbeiter*innen eingestellt werden mussten bzw. müssen. Das Online Zugangsgesetz sorgt dafür, dass wir die IT ausbauen und selbstverständlich auch dauerhaft betreuen müssen. Wenn das Personal steigt, muss auch in der Personalabteilung Zuwachs erfolgen. Die Verkehrsüberwachung muss deutlich verbessert werden. Wir brauchen hierfür dringend einen Ordnungspolizisten, um die vielen Geschwindigkeitsüberschreitungen ahnden zu können.

Der Einschätzung, dass durch die Digitalisierung personelle Einsparungen folgen könnten, kann ich an dieser Stelle deutlich widersprechen. Das Gegenteil ist der Fall, auch wenn seit Jahrzehnten führende Politiker davon sprechen, die Bürokratie abbauen zu wollen. Ich erinnere in kurzer Zeit an die Einführung eines Sicherheitsbeauftragen, eines Datenschutzbeauftragten, eines Brandschutzbeauftragten usw.

Die Gewerbesteuer hat sich in Linsengericht kontinuierlich verbessert. Haben wir uns noch zu Beginn meiner ersten Amtszeit gefreut, wenn die Einnahmen sich an die 3 Mio. näherten, sind es nun 6 Millionen Euro. Das fliegt aber nicht so einfach zu, sondern dafür muss man auch etwas tun. Die kontinuierliche Entwicklung der Gewerbegebiete steht an oberster Stelle. Leider müssen wir mit der Erweiterungsmaßnahme „Am Weinberg“ in der Regionalversammlung Frankfurt in ein Zielabweichungsverfahren, was uns etwa 1 Jahr Verzögerung kostet. Ich hoffe aber, dass das Ergebnis positiv wird und die weitere Ansiedlung von Unternehmen verbunden mit der Schaffung von Arbeitsplätzen umgesetzt werden kann.

Ich erinnere an dieser Stelle – wie im letzten Jahr - noch einmal an die Reduzierung der Umsatzsteuerumlage, wo uns das Land Hessen rd. 225.000 Euro raubt, um dann als Zuschuss für Projekte wieder mit vielen Hürden der Antragstellung als positives Werk verkauft. „Starke Heimat“ heißt dieses Hilfspaket.

Das Problem aller Kommunen in Hessen sind die Aufwendungen der Kinderbetreuung. Betrug der allgemeine Zuschuß in dem Bereich in 2020 noch rd. 2,434 Mio Euro, steigern wir uns im Jahr 2025 bis auf 4,036 Mio. Euro.

Im Jahr 2020 betrug der Deckungsbeitrag gerade einmal 35,46 %. Der Anteil des Landes Hessen betrug durch Übernahme der Vormittagsbetreuungskosten 28,75 %. Bleibt ein Anteil der Eltern von 4,58 %. Im Jahr 2025 sieht es ähnlich aus. Der Anteil des Landes liegt bei 29,95 %, der der Eltern bei 5,35 %. Durch die Unterfinanzierung durch Bund und Land ist die Kommune quasi handlungsunfähig. Wären wir dieser Kosten entledigt, gäbe es eine wirkliche kommunale Selbstverwaltung ohne Gängelung durch das Land.

Permanent werden die Standards der Kinderbetreuung erhöht, die Erstattungsleistungen an die Kommune jedoch nur marginal angepasst.

Durch die Inbetriebnahme der neuen Kita in Altenhaßlau steigen unsere Kosten enorm. Der Stichtag für eine Bezuschussung des Landes ist jeweils der 1. März. Konsequenz ist, dass im Jahr 2022 keine Betriebskostenerstattung erfolgt. So entzieht sich das Land seiner Verantwortung.

Als Bürgermeister spielt es keine Rolle, welche Partei Verantwortung in Berlin oder Wiesbaden trägt. Entscheidend ist der kommunale Verbund, der am Leben gehalten werden muss, ohne dass am Ende die Bürger*innen mit Steuererhöhungen ins unermessliche zur Kasse gebeten werden müssen. Dies ist leider in Hessen seit Jahren der Fall. Kommunale Freunde sorgen für besseren Ausgleich der Finanzen und nehmen den Kommunen nicht ihr eigenes Geld weg – siehe Heimatumlage. Ich erinnere auch immer wieder an das Konnexitätsprinzip – leider findet es in Hessen kaum Anwendung.

Bei den Instandhaltungen haben wir die Maßnahmen der Jahre 2023 bis 2025 ins Jahr 2022 vorverlegt. Dies hat den Grund, dass die außerordentlichen Rücklagen in Höhe von 5,537 Millionen Euro nur zum Ausgleich des Haushalts in 2022 verwendet werden dürfen. Dieser Betrag wird sich mit dem Jahresabschluss 2021 aufgrund von Grundstücksverkäufen noch deutlich erhöhen. Wir versuchen in der Verwaltung, möglichst viele Maßnahme auch umzusetzen. Sollte das nicht gelingen, hoffen wir, dass die Auflösung der außerordentlichen Rücklage vielleicht auch für das Jahr 2023 Gültigkeit bekommt, sofern das Land Hessen die gesetzliche Grundlage hierfür schafft. Ansonsten müssen wir uns doch die Frage stellen, was machen wir mit einer außerordentlichen Rücklage, die nicht in Anspruch genommen werden darf?

Durch die Belastungen des Ergebnishaushalts im Kita-Bereich werden ab 2023 voraussichtlich Steuer- und Gebührenerhöhungen in allen Bereichen erforderlich. Das Thema „Straßenausbaubeiträge“ sollte 2022 geklärt werden. Aus den vorliegenden Zahlen des Haushalts und der mittelfristigen Finanzplanung ist erkennbar, dass ein „Wegfall der Beiträge“ im Ergebnis zu einer extremen Steigerung der Grundsteuer führen würde. Dies würde sich zusätzlich auch deshalb erheblich verteuern, weil eine Grundsteuererhöhung immer Auswirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich und somit die Kreis- und Schulumlage hat. Deshalb sind der einzige, gerechteste und sparsamste Weg die wiederkehrenden Beiträge. Entsprechende Bürgerinformationsveranstaltungen werden situationsbedingt bei Verbesserung der Corona-Pandemie im kommenden Jahr in Absprache mit den Fraktionen hier im Hause durchgeführt.

Erfreulich für unsere Gemeinde ist der Fortgang der Planungen zum Radverkehrskonzept des Main-Kinzig-Kreises. Es wird sich nur die Frage stellen, ob und wann welche Maßnahmen realisiert werden können.

Die Schulden steigen aufgrund unserer großen Investitionsmaßnahmen selbstverständlich deutlich an. Zum Ende des Haushaltsjahres 2022 werden sie etwa 15,59 Mio. Euro betragen, die sich in 2023 durch weitere Kreditaufnahmen auf rd. 16,83 Mio. Euro erhöhen. Durch die Niedrigzinsphase sind wir aber guter Dinge. Sicherlich bedeutet dies auch eine Belastung des Ergebnishaushalts für kommende Jahre. Diese Zukunftsinvestitionen sind aber unerlässlich, dringend erforderlich und für die Zukunft von größter Notwendigkeit. Größere Neubaumaßnahmen sind die Erweiterung des Rathauses und der Neubau des Feuerwehrhauses in Großenhausen/Lützelhausen sowie der Bau eines Rad/Gehweges als Lückenschluss entlang der VR-Bank über den Kreisel in das Kinzigtal/Flutbrücke. Dieses Projekt ist aufgrund der Entwicklung des jetzigen Geländes REWE/Aldi erforderlich geworden.

Die gemeindliche Entwicklung ist auf einem sehr guten Weg. Die Nahversorgung wird mit dem begonnenen Neubau von REWE und Aldi im neuen Gewerbegebiet „Vor der Au“ gesichert. Die Entwicklung der ärztlichen Versorgung in unserer Gemeinde sehe ich als vorbildlich an. Obwohl es noch nicht spruchreif ist, werden wir nach Fertigstellung des neuen Ärztehauses im Stadtweg ein deutliches Plus nicht nur an Hausärzten, sondern auch an Fachärzten haben. Der Anfang ist mit den neuen Flächen der Altenhaßlauer Hausarztpraxis gemacht.

Im Geislitzer Baugebiet „Im Weisgrund“ gibt es leider Verzögerungen durch das Grundbuchamt, das uns aktuell die Grundstücke noch nicht ins Eigentum überschrieben hat. Da wir noch nicht Eigentümer sind, können wir auch nicht verkaufen. Zum ersten Mal muss die Gemeinde Linsengericht beim Ankauf die Grunderwerbsteuer von 6 % zahlen, die beim Verkauf noch einmal für die neuen Eigentümer fällig werden. Allein für die Kommune sind das rd. 80.000 Euro zu Gunsten der Landesregierung.

In den vergangenen 2 Jahren haben sich Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeiter*innen der Verwaltung und Mandatsträger*innen Gedanken über ein Leitbild und Zielsystem für die Gemeinde Linsengericht in vielen Arbeitstreffen gemacht. Das Ergebnis wurde Ihnen präsentiert und ich hoffe, dass dies heute Abend beschlossen wird. Mein besonderer Dank gilt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Mitarbeit.

Finanziell bleibt noch anzumerken, dass je nach Jahresergebnis noch Veränderungen bei den Rücklagen abzusehen ist. Der Jahresabschluss 2021 wird im Ergebnishaushalt positiver wie die Planung abschließen und dadurch die Rücklagenentnahme reduzieren. Die außerordentlichen Rücklagen werden –wie erwähnt- eine ordentliche Steigerung erfahren. Näheres und genauere Zahlen erfolgen in den Haushaltsberatungen.

Es gäbe sicherlich noch viele Maßnahmen und Anmerkungen, die in einer solchen Haushaltsrede erwähnt werden könnten, jedoch möchte ich die diesjährige Einbringung unter Coronabedingungen angepasst vornehmen. In den Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses werden alle erforderlichen Informationen vom Kämmerer und den Abteilungsleitungen gegeben. Ich biete auch wiederum an, dass der Kämmerer Werner Braun in Absprache in den Fraktionssitzungen den Haushaltsplanentwurf erläutert und präsentiert.

Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die diesen Haushalt für die heutige Einbringung erarbeitet haben.

Dieser Haushaltsentwurf wurde am 29.11.2020 im Gemeindevorstand festgestellt.

Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für ihre Aufmerksamkeit und wünsche mir zielführende Beschlüsse in den Gemeindegremien.